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Bodybuilding/Kraftsport Ist die tiefe Kniebeuge wirklich “schlecht für’s Knie“?

Dieses Thema im Forum 'Sport' wurde von Alpha gestartet, 11 November 2009.

  1. Alpha

    Alpha Administrator Staff Member

    Die Kniebeuge
    Ist die tiefe Kniebeuge wirklich “schlecht für’s Knie“?

    Die Kniebeuge gilt als “Königsübung“ des Krafttrainings, und das zurecht. Mit dieser
    komplexen Grundübung werden alle Muskeln gekräftigt, die den Menschen zum Homo
    erectus machen und für seine Statik beim Stehen und Gehen verantwortlich sind.
    Da ein effizientes Krafttraining nicht nur, wie es im Bodybuilding der Fall ist, Muskeln,
    sondern Bewegungen trainiert, ist es verständlich, dass es dafür nicht nur einen einzigen
    Muskel, sondern mehrere Muskeln braucht, die an einer Bewegung beteiligt sind. Man nennt
    das “Muskelkette“ oder “Muskelschlinge“. Im Falle der Kniebeuge besteht sie aus dem
    Oberschenkelstrecker (aber auch -beuger), dem großen Gesäßmuskel (Musculus glutaeus
    maximus), der als Hüftstrecker wirkt, sowie dem Rückenstrecker (Musculus erector spinae =
    autochthone Rückenmuskulatur).

    Immer wieder hört und liest man, dass man die Kniebeuge nur bis zu einem rechten Winkel
    im Kniegelenk machen dürfe und auf keinen Fall tiefer, weil das “schlecht“ für’s Kniegelenk
    sei. Die meisten Trainer, Mediziner und Sportwissenschaftler weisen immer wieder darauf
    hin. Aber stimmt das auch? Tut es nicht! Dagegen spricht nicht nur die Empirie im Kraftsport
    (Gewichtheben, Powerlifting), sondern auch die Biomechanik.

    Das Gegenteil ist der Fall: Die 90°-Kniebeuge ist für das Kniegelenk belastender als die
    tiefe Kniebeuge, sprich der klassische “Squat“. Wenn die Beugung bei einem Kniewinkel
    von 90° abgebremst wird, wirken höhere Scherkräfte auf das Gelenk als bei einer
    Fortsetzung der Bewegung in die “Hocke“. [Anmerkung: Wobei die tiefe Kniebeuge keine
    eigentliche Hocke ist, da ja in diesem Fall durch Anspannen der autochthonen
    Rückenmuskulatur (Musculus erector spinae, “Rückenstrecker“) der Rücken bewusst
    lordosiert und damit wie ein Bogen gespannt wird. Außerdem wird das Gesäß nicht nur nach
    unten, sondern auch nach hinten bewegt und damit der Druck auf das Kniegelenk verringert
    (siehe unten). Ansonst ist zu sagen, dass ein "Hinhocken" eine ganz natürliche Bewegung ist
    (siehe Kinder oder Naturvölker wie z.b. Indonesier, die oft stundenlang irgendwo hocken),
    die dem (nicht vorgeschädigten) Kniegelenk nicht schadet.]

    Beim rechten Winkel im Kniegelenk, also beim rechten Winkel zwischen Ober- und
    Unterschenkel, hat der Lasthebel (Oberschenkel) mit dem Widerstand (Körpergewicht
    plus Hantelgewicht) den größten Abstand zum Drehpunkt (Kniegelenk) und dadurch
    das größte Drehmoment. In dieser Position besteht die größte Kniebelastung, v.a. beim
    Strecken des Beins aus dieser Position heraus, sprich bei der Aufwärtsbewegung (also beim
    Aufrichten).
    Wenn man aber von einer tieferen Position heraus drückt, wird der “kritische“ 90°-Winkel
    quasi “im Vorbeigehen“ passiert, und damit das Kniegelenk, sprich in erster Linie der
    Gelenksknorpel, aber auch die Menisci und das vordere Kreuzband, weniger druck- bzw.
    zugbelastet.

    Darauf ist auch bei den sog. Box-squats (siehe unten) zu achten - man darf also nicht den
    Fehler machen, eine zu hohe Box oder Bank zu wählen, die nur eine 90°-Beugung
    ermöglicht. Wenn bei rechtwinkeligem Kniegelenk aus dem “oberschenkelentspannten"
    Sitzen heraus gedrückt wird, kommt es zu einer kurzen, aber hohen initialen Kniebelastung.

    Dass zudem die Belastung des Kniegelenks relativ gering gehalten werden kann, wenn man
    die Unterschenkel während des gesamten Bewegungsausführung möglichst senkrecht
    stehen lässt, also die Knie nie über die Fußspitze ragen, indem man bei der
    Abwärtsbewegung mit dem Gesäß nicht nur nach unten, sondern auch bewusst möglichst
    weit nach hinten geht, ist ein weiterer wichtiger Aspekt. 2
    Die beste Methode, die tiefe Kniebeuge zu erlernen, ist die "Boxbeuge" (box squat). Dabei
    setzt man sich auf eine Kiste oder flache Bank, indem man das Gesäß bewusst so weit nach
    hinten führt, dass die Unterschenkel senkrecht stehen bleiben. Während die Bogenspannung
    im Rücken immer aufrecht erhalten wird, baut man nach dem Hinsetzen die
    Muskelspannung in Gesäß und Oberschenkel neu auf und steht möglichst explosiv auf.


    Hier die Punkte, die bei der Ausführung der Kniebeuge zu beachten sind:

    „ Stand etwas mehr als schulterbreit, der Körperschwerpunkt ruht auf der ganzen
    Fußsohle (nie auf dem Vorfuß, eher sogar mehr auf der Ferse),
    “Knickfuß“ (Pronation) vermeiden

    „ die Fußspitzen zeigen in die gleich Richtung wie die Knie

    „ der Blick ist geradeaus gerichtet

    „ die Hantelstange liegt nicht auf dem 7. Halswirbel, sondern darunter auf dem
    Trapezius (Kapuzenmuskel)

    „ LWS-Lordosierung (ein “Hohlkreuz“ ist hier erwünscht Æ“Stockerlpopo“),
    ganzer Rücken immer in “Bogenspannung“, auch der Bauch wird angespannt

    „ die Abwärtsbewegung wird mit dem Gesäß (nicht mit dem Kopf!) eingeleitet,
    das nicht nur nach unten, sondern auch bewusst nach hinten (!) geführt wird

    „ die Unterschenkel bleiben damit so senkrecht wie möglich (die Knie sollen nie
    über die Fußspitze ragen)

    „ die Knie werden bewusst nach außen gedrückt (sie bleiben immer über den
    Füßen, Valgusstellung = “X-Beine“ vermeiden)

    „ die Beugung erfolgt so weit, bis das Hüftgelenk etwas tiefer als das Kniegelenk
    ist (Oberschenkel sollen zumindest horizontal sein)

    „ die Neigung des Oberkörpers (je nach Widerstand = Hantelgewicht) stabilisiert
    den Körperschwerpunkt (verhindert ein “Umkippen“ nach hinten)

    „ die Aufwärtsbewegung wird mit dem Kopf (nicht mit dem Gesäß!) nach oben
    eingeleitet


    Links:
    www.myhousesigns.com/documents/Teaching_the_squat.htm

    www.elitefts.com/documents/Seminar_squats.htm

    www.bodybuilding.com/fun/elitefts2.htm

    www.elitefts.com/documents/to_the_critics.htm

    www.sportverein-fellbach.de/KDK/disziplinen/Kniebeuge/kniebeuge.htm

    www.deepsquatter.com/strength/archives/ls9.htm

    www.k3k.de/Training/Box1/box1.html

    www.weightliftingdiscussion.com/boxsquat.html

    www.powerlifting-ipf.com/Powerlifting Injury Study.pdf

    http://homepages.uni-regensburg.de/~lea22257/biomechanik/Kniebeuge.pdf 3
  2. AW: Ist die tiefe Kniebeuge wirklich “schlecht für’s Knie“?

    Danke für die freundliche und informative Anleitung und die detailierten Anweisungen!

    Jule

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    Last edited by a moderator: 23 November 2009

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