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Tipp Das Abrechnungsystem der Ärzte!

Dieses Thema im Forum 'Gesundheit' wurde von Gast gestartet, 16 April 2009.

  1. Man muss als Arzt Leistungen erbringen, damit man überhaupt ein Honorar erhält. Diese "erstattungsfähigen Leistungen" sind in einem Katalog zusammengefasst.

    Und der niedergelassene Arzt erhält pro Patient eine Pauschale, mit der er sein Budget zusammensetzt.

    Also: ein Beispiel für einen Augenarzt in Bayern:
    der kriegt im nächsten Quartal pro Patient ein Budget von 18,44 Euro. Im Durchschnitt versorgt er pro Quartal 1400 Patienten.

    Er hat also ein Gesamtbudget von 25816 Euro im Quartal, das er mit Leistungen aus dem Katalog abrechnen kann. Damit bezahlt er dann seine Unkosten, wie Personal, Miete, Versicherungen, Strom, Telefon, Kredite, Reparaturen.

    Das wäre so, als wenn man einem Bäcker sagen würde: pro Kunde kannst Du maximal 3 Euro kassieren, aber höchstens im Quartal 4200 Euro. Und Du musst dafür Brötchen verkaufen, die so und soviel kosten.
    Du darfst nicht mehr Umsatz machen. Verkauft Du mehr Brötchen, kriegst Du für die kein Geld. Und will ein Kunde nochmal Brötchen, gibst Du sie ihm auch umsonst ab.

    Frage: Die Pauschale bekommt er aber für jeden Patient der im Quartal da war?

    Nein. Er hat ein im Voraus festgelegtes Budget. Kommt ein Patient und er erbringt weniger Leistung (also als Augenarzt beispielsweise nur 2 Euro), hat er auch nur die 2 Euro verdient. Er kann das Budget dann beim nächsten Patienten weiterbenutzen.

    Frage: Können auch zuviel Patienten im Quartal kommen?

    Wenn der Arzt sein Budget noch nicht erfüllt hat, kann er weitere Patienten behandeln. Für diese wird das Budget aber nicht über sein ursprüngliches hinaus erweitert. Ist dieses also voll, ist für ihn prinzipiell Schluss. Er kann dann zwar noch Leistungen bringen, die außerhalb des Budgets vergütet werden, für viele Arztgruppen gibt es die aber gar nicht oder sie sind mit einzelnen Euros bezahlt.

    Das Problem ist, dass bei manchen Arztgruppen das Budget schon "übervoll" ist, wenn nur eine Grundleistung erbracht wird. Die "Standarduntersuchung" beim Augenarzt bringt bei Patienten über 60 Jahren beispielsweise ein Honorar von 21,36 Euro. Das Budget ab April gibt aber nur 18,44 Euro her!
    Folge: Das Budget ist schon lange voll, bevor die dafür vorgesehene Patientenzahl gekommen ist. Der Arzt muss aber dann eigentlich kostenlos weiter arbeiten, damit er nicht im nächsten Jahr noch weniger Budget kriegt, weil die Patientenzahl 2009 das Budget 2010 verursacht!
    Sie sehen also: Die Spirale dreht sich für Ärzte gnadenlos nach unten. Und das ist politisch so gewollt.

    Frage: Ganz konkret wenn mein Arzt mir ein dauerhaft verschriebenes Medikament so verschreibt dass ich Ende vom 1. Quartal ein Rezept bekomme und das neue erst Anfang des 3. Quartals brauche (das Folgerezept danach wieder Ende des 3. Quartals) hat er nichts davon?

    Für das zweite Quartal kassiert er natürlich gar nichts.
  2. AW: Das Abrechnungsystem der Ärzte!

    Ich denke dieses Art der Geldverteilung kennt jeder der beim Bund war. Ende des Jahres gab es keine Übungsmonition mehr weil das Budget aufgebraucht war. Dafür durften wir tagelang sinnlos in der Gegend heumfahren damit der Sprit alle wird. Weil sonst gibt es nächstes Jahr weniger zugeteilt.
  3. criticalmass

    criticalmass Supergoogler

    AW: Das Abrechnungsystem der Ärzte!

    Ursache hierbei ist vermutlich, das wie in vielen öffentlichen Bereichen auch noch vorherrschend die Kameralistik als Planungsmethode benutzt wird - also eine prognosengerichtete starre Budgetplanung, die zwar viele Vorteile hat (geringe Manipulierbarkeit, einfache Handhabung, wirtschaftliches Rechnungswesen), aber Nachteile eben genau da sichtbar werden, wo es um nichtlineares und bedarfsgesteuertes Handeln geht.

    Die öffentlichen Verwaltungen sind gerade (also seit den letzten 10 Jahren) dabei, auf die kaufmännische Planung umzustellen (Stichwort "Neues Steuerungsmodell") - bis das ganze im Gesundheitswesen ankommt, kann es noch einige Zeit dauern.

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